Text: Werner Klinge & Anselm Geske
Nach einer staugeplagten Anreise wurden wir in der Feuerwache der Freiwilligen Feuerwehr Lübeck mit sehenswerter Modellbahnanlage (26 Module, ca. 20m lang) herzlich begrüßt.
Es erwartete uns ein Stadtrundgang der besonderen Art, mal ohne Dom, Rathaus, Marienkirche und Holstentor mit Puppenbrücke, bei dem es gleich über eine alte Drehbrücke (natürlich mit Gleis) zum alten Hafen und weiter in die nördliche Altstadt ging.
Hier lernten wir das Herz von Lübeck in Form von alten, zum Teil gartenähnlichen Hinterhöfen kennen, in denen früher Arbeiter und Tagelöhner lebten und die heute eine begehrte Adresse (auch als Ferienwohnung) sind.
Durch die Altstadtgassen wurden wir sachkundig auf den Koberg (altes Burgviertel) mit der St. Jakobikirche und dem Heilig-Geist-Spital geführt.
Der angekündigte Besuch der ältesten Kneipe Lübecks fiel leider aus, da diese (am Vatertag !) geschlossen hatte.
Während man noch über eine „Ersatzbetankungsanlage“ nachdachte, hatten die hungrigen Berliner bereits (Wirtschaftshilfe pur !) die griechische Taverna Papadopoulos okkupiert, in der der 1. Abend dann mit allen durstigen Kehlen feucht fröhlich beendet wurde.
Am Morgen des 10.05. fanden sich 28 Teilnehmer (von denen einige mit einem Blindenhund gut beraten gewesen wären) am ZOB ein, um sich mit einem historischen Bus ( Daimler-Benz O 317) zum Eisenbahnmuseum Schwerin bringen zu lassen.
Die rustikale Inneneinrichtung mit den obligatorischen grünen Kunstledersitzen konnte uns nur kurz von dem ohrenbetäubenden Lärm des Unterflur- Diesels ablenken (jetzt wissen wir warum Oma und Opa schwerhörig waren !).
Auf dem Weg nach Schwerin sahen wir erstmals die von Alt-Bundeskanzler Kohl (die Älteren von uns werden sich erinnern) versprochenen „blühenden Landschaften“ die wir besonders im Umkreis von Rhena in Form von Rapsfeldern und tausenden blühenden Obstbäumen entlang der Landstraße erleben durften. Rhena sagt dem belesenen Eisenbahner etwas als Endpunkt der Großherzoglichen-Friedrich-Franz-Eisenbahn, die der Eisenbahndirektion Schwerin für Schnellfahrversuche diente.
Das ehemalige BW empfing uns äußerlich mit dem Nachkriegscharme der 50er Jahre, umso größer war die Überraschung, als wir nach dem ausgesprochen herzlichen Empfang durch zwei altgediente Eisenbahner die gepflegten Kostbarkeiten im Inneren in Augenschein nehmen durften. Booaah (neudeutsch für Donnerwetter)!
Einige der Highlights :
Artikel Nr. 3000 im Original (Nur bei der Nr. 89008 ggü. 89009; hat sich einer vertan, etwa Märklin ?),
VT 137 mit Beiwagen, 031090 (Betriebsnummer von schlauen Eisenbahnern für ebensolche mit Geschichtsbewusstsein); Henschel Dampfschneeschleuder (wie 26830/28830) und neben vielen anderen Sahnestückchen, ein 1a restaurierten „Donnerbüchsen-Zug“ ergänzt durch preußische Zwei- und Drei-Achser mit Post-, Traglasten-, Sitzabteil, u. a. m.
Nach der Fahrzeugschau bekamen wir eine beeindruckende Vorführung historischer Steuerungs- / Sicherungs- und Stellwerkstechnik von 1866 an, die gleich auf einer angeschlossenen Modellbahnanlage umgesetzt wurde.
Die beiden Museums-Eisenbahner berichteten humorvoll und anschaulich von Ihren Schwierigkeiten, vor, aber auch nach der Wende, viele der historisch wertvollen Fahrzeuge und Techniken (z. B. Läutewerke von 1877 ) vor der Verschrottung zu bewahren, museumsgerecht aufzuarbeiten und dauerhaft zu erhalten.
Diesen Beiden und allen Beteiligten gebührt unsere uneingeschränkte Hochachtung !
Am dritten Tag sammelte sich die „Kerntruppe“ (für viele vor dem Aufwachen) um 10 vor 8.00 Uhr auf dem Lübecker HBf. um in einem dänischen IC (die „Gumminase“ hatte offensichtlich auch nicht ausgeschlafen) die Fahrt nach Puttgarden / Rödby anzutreten.
Im Fährbahnhof angekommen empfing uns der Sicherheitschef der Scandlines (ebenfalls MoBa /2-Leiter-Mensch), der uns mit hochinteressanten Details Technik und Anlage des Fährhafens erklärte und sich auch mit Angaben zur Wirtschaftlichkeit und künftiger Entwicklung (falls der Tunnel unter dem Fehmarn-Belt gebaut wird) nicht zurückhielt.
Der stündliche Fährbetrieb wechselweise eine deutsche und eine dänische Fähre stellt eine logistische Meisterleistung dar, da für Be- und Entladung der Fährschiffe jeweils nur 15 Minuten zur Verfügung stehen.
Angesprochen auf die wüst liegenden Verladegleise, (der Güterverkehr, wird seit der Fertigstellung der Großen Belt Brücke, nur noch über Dänemark abgewickelt) erfuhren wir, dass die gesamte Gleisanlage auf einem Gesamt-Steuerungskonzept beruht, die ein Herauslösen einzelner Teile unmöglich macht. Die Weichen und Signalanlagen werden daher weiterhin halbjährlich gewartet und in betriebsfähigem Zustand unterhalten auch wenn zwischen den Gleisen bereits 3m hohe Bäume und Sträucher wachsen.
Die wirtschaftliche Situation wurde dennoch als sehr positiv beschrieben; eine Ausschreibung zum Betrieb der Anlage steht bevor, es sind mehrere Interessenten (Investoren) zu erwarten.
Die Überfahrt nach Rödby erfolgte in einer eigens für uns reservierten, separaten Lounge unter der Kapitänsbrücke, die uns einen fantastischen 270° Rundumblick auf die in hellem Sonnenlicht glitzernde Ostsee bescherte. Ein Genuss, der bei 1a-Service nur durch die hohen Preise für Speis und Trank getrübt wurde.
Die „Schnäppchenjäger“ konnten sich mit einem Einkauf im Bord-Shop bzw. im „Border-Shop“ trösten einem ursprünglich in Rostock beheimateten Ponton-Schiff im Hafen von Puttgarden, dessen Amortisation sich statt in den vorhergesehenen 10 Jahren in nur 9 Monaten realisierte! Was es da zu kaufen gibt? Alkohol, noch Fragen?
Die Rückfahrt nach Lübeck erfolgte mit dem baugleichen IC auf reservierten Plätzen.
Der Abend wurde im bekannten Gebäude der Feuerwehr mit interessanten Vorträgen fortgesetzt. Von dem sehr sympathischen “Spätzle“ (Herrn Haller von Märklin) erfuhren wir Details zu den Neuheiten, den zukünftigen LINT mit Türdisplay und den neuen mfx + (vorgeführt mit der BR 23). Auch die Gastgeber trugen mit einem geschichtlichen Abriss über den Lübecker Bahnhof und mit einem nachfolgenden Grillfest bei (da blieb keine Leber trocken). Mit einer gut gelaunten Teilnehmerschar* in herzlichster Atmosphäre wurde dieser Tag nach einem goldenen Sonnenuntergang beendet.
* = der nördlichste Teilnehmer kam aus Kopenhagen, die südlichsten aus München, die zahlenmäßig stärkste Gruppe waren nach den Gastgebern (natürlich) mit 7 TN die Berliner.
Ein besonderes Lob an die „Männer“ der Freiwilligen Feuerwehr die diesen Abend mit Grillwurst und Getränken in ihrem beneidenswerten Neubau hervorragend durchgeführt haben.
Der letzte Tag führte uns (in kleinerer Gruppe) ins Museums-Hebelstellwerk der Eisenbahnfreunde in Bad Schwartau wo wir in familiärer Runde bei Kaffee und Keksen über die gelungene Restaurierung des Vereinsheims, mit Vorführung der voll funktionsfähigen Stellwerkstechnik (der Lübeck-Büchener-Eisenbahn von 1935), ausgiebig „klönen“ konnten.
Aufs Freundlichste versorgt, traten wir am frühen Nachmittag entspannt die Heimreise an.
Ein ganz dickes Lob möchten wir den Modelleisenbahnern der Hansestadt Lübeck und ihren Organisatoren dieses MMM 2013 rüberwerfen. Reiner Wegner und Volker Scharf, um nur zwei zu nennen, gestalteten die herzliche Atmosphäre souverän und mit norddeutscher Gelassenheit.
Eine gelungene Veranstaltung bei Spitzenwetter die einen bleibenden Eindruck hinterlässt und zweifellos nach Wiederholung ruft.